Die Länder der Östlichen Partnerschaft erzielen nur wenige Fortschritte und rudern bei den Reformen sogar zurück

Bezüglich ihrer Bemühungen um die Erfüllung der EU-Normen und -Standard stagnierten oder stolperten die Nachbarn der Europäischen Union, d. h. die Länder der Östlichen Partnerschaft (ÖP), im Jahr 2017. Das zeigen die neuesten verfügbaren Daten.

Published On: März 11th, 2019
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Die Länder der Östlichen Partnerschaft erzielen nur wenige Fortschritte und rudern bei den Reformen sogar zurück

Bezüglich ihrer Bemühungen um die Erfüllung der EU-Normen und -Standard stagnierten oder stolperten die Nachbarn der Europäischen Union, d. h. die Länder der Östlichen Partnerschaft (ÖP), im Jahr 2017. Das zeigen die neuesten verfügbaren Daten.

Armenien, Moldawien und Georgien machten Rückschritte, während die Ukraine wenig Verbesserungen erzielte. Das zeigt der Index der Östlichen Partnerschaft 2017, der im Dezember vom Civil Society Forum veröffentlicht wurde.

Die Untersuchung verfolgt die Fortschritte von sechs ÖP-Ländern (Armenien, Aserbaidschan, Weißrussland, Georgien, Moldau und Ukraine) im Jahr 2017 im Hinblick auf zwei Kategorien: Inwiefern die Länder nachhaltige demokratische Institutionen aufgebaut haben, und das Integrationsniveau in die EU, einschließlich Handel und Mobilität.

Seit dem Bericht haben einige ehemalige Sowjetstaaten Fortschritte erzielt, aber auch weitere Rückschläge und Unsicherheiten verzeichnet. Und mit der anstehenden EU-Parlamentswahl 2019 und der Debatte über den Brexit-Deal könnte sich nicht nur die europäische Nachbarschaftspolitik verändern, sondern auch der Status der östlichen Partner.

„Das Problem ist, dass die EU im Moment sehr nach innen blickt…. Ich befürchte, dass die EU irgendwann sicherlich nicht mehr an einer Beitrittsperspektive interessiert sein wird. Also ist es vielmehr die Aufgabe der Länder der Östlichen Partnerschaft selbst, zu zeigen, dass sie in der Lage sind, sich anzunähern, sei es im Bereich Handel, Energiepolitik, oder der Sicherstellung der Visumsfreiheit“, meint Jeff Lovitt, der Autor des Berichts und Gründer sowie Vorsitzender von New Diplomacy.

Der Bericht zeigt, wie wenig sich die Östliche Partnerschaft innerhalb von einem Jahr den Normen und Standards der EU angenähert hat, selbst die seit 2014 führenden Staaten – die Mitglieder der Assoziierungsabkommen Ukraine, Moldau und Georgien.

Die Ukraine, der 44 Millionen Einwohner zählende östliche Nachbar der EU, verbesserte sich im Vergleich zum ersten Index 2015-2016 um 0,01 Punkte auf 0,73 von 1 Punkten. Allerdings verzeichnet das Land positivere Schritte im bilateralen Handel und im Bereich der Mobilität.

Moldawien, das zwischen Rumänien und der Ukraine liegt, hat sich drastisch um 0,07 Punkte verschlechtert, und landete mit 0,65 Punkten auf dem dritten Platz hinter Armenien. Ein weiterer Kaukasus-Partner – Georgien – folgte mit einem Rückgang auf 0,64 Punkte.

Für Aserbaidschan blieb der Index unverändert, während er sich für Weißrussland um 0,08 Punkte verbesserte, das Land aber trotzdem auf dem letzten Platz landete.

In der zweiten Kategorie des Index über die internationalen Verflechtungen zwischen Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Bürgern und Regierungen blieben die Länder stabil oder zeigten moderate Fortschritte. Die meisten Weiterentwicklungen stehen im Zusammenhang mit dem Abkommen über visumfreies Reisen mit den Schengen-Staaten, das 2017 für die Ukraine, Moldawien und Georgien in Kraft trat. Das Freihandelsabkommen ist ein weiterer Impulsgeber im Rahmen des zugehörigen Assoziierungsabkommen und ermöglichte eine Steigerung der Handelsumsätze für alle Mitglieder.

Mit 0,71 Punkten profitierten Georgien und Moldawien von dem Abkommen am meisten, gefolgt von der Ukraine mit 0,66 Punkten. Das Final-Trio Armenien, Aserbaidschan und Weißrussland bleibt mit 0,5 und weniger Punkten zurück.

Was geschah mit den Ländern der Östlichen Partnerschaft seit 2017?

Positiv zu vermerken ist, dass alle Länder der Östlichen Partnerschaft in der Lage waren, den bilateralen Handel zu steigern, so dass die EU manchmal zu ihrem ersten Exportpartner wurde. Das gilt beispielsweise für die Ukraine. Allerdings ist der Kampf um die Umsetzung der EU-Normen noch längst nicht beendet.

Die Ukraine hat im Jahr 2018 bei den Reformen in den Bereichen Gesundheitswesen, Renten, Bildung, Dezentralisierung, öffentliches Auftragswesen und Umwelt Fortschritte gemacht, aber einige Hauptbereiche müssen in Zukunft noch verstärkt werden, heißt es im EU-Bericht über die Ukraine. Dazu gehören wichtige Maßnahmen der Justiz und der Korruptionsbekämpfung, sowie die Vorbeugung von Angriffen auf die Zivilgesellschaft und Aktivisten. Das Land erlitt eine Reihe von Rückschlägen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im März. Beispielsweise hob das Amtsgericht am 26. Februar ein Gesetz über illegale Bereicherung auf. Dabei gehörte dieser Gesetzestext zu den Anforderungen an die 2017 eingeführte Regelung für visumfreies Reisen.

Im Jahr 2018 konzentrierte sich Armenien vor allem auf innenpolitische Ereignisse. Das Land erlebte, wie Tausende friedliche gegen die Regierung protestierten: Die so genannte Samtene Revolution. Das politische System wurde verändert, und im Dezember 2018 führte Armenien vorgezogene Parlamentswahlen durch. Jetzt liegt die Priorität des Landes auf der Bildung einer neuen Regierung, weiteren Anti-Korruptions-Bemühungen und der Freilassung politischer Gefangener.

Für die Republik Moldau ist der EU-Integrationsprozess ins Stocken geraten, da es den herrschenden politischen Eliten nicht gelungen ist, den Lebensstandard zu verbessern und das Justizsystem umzugestalten. Seit der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens erleidet das Land nun die wahrscheinlich größte Reihe von Rückschlägen bei der wirtschaftlichen Transformation. Im Jahr 2018 hat die Europäische Kommission den ersten Teil eines Makro-Finanzhilfe-Pakets für Moldawien ausgesetzt. Der Grund dafür waren rechtsstaatliche Fragen. Im November gab Brüssel auch eine kritische Resolution heraus, in der es hieß, dass es sich um einen „Staat handelt, der von oligarchischen Interessen dominiert wird“.

Als eines der ärmsten Länder Europas geriet Moldawien in einer Krise, nachdem 2014 eine Milliarde Dollar von den lokalen Banken gestohlen wurden. Spitzenpolitiker wurden verdächtigt und einige von ihnen verurteilt. Das Geld wurde allerdings nicht wieder eingezogen. Die Parlamentswahlen Ende Februar haben keine Gewissheit über die Zukunft des Landes gebracht, sondern nur die Spannungen innerhalb des Landes, sowie zwischen den Befürwortern Russlands und der westlichen Welt deutlich gemacht.

Im Gegensatz zu Moldawien zeichnet sich Georgien durch deutliche Fortschritte bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen des Assoziierungsabkommens aus, heißt es im jüngsten EU-Bericht vom Januar. Die Korruption bleibt jedoch ein ernsthaftes Problem. Georgien muss die Gesetzesreform und die kontinuierliche Umsetzung von Vorschriften und Normen fortsetzen. „Die Zivilgesellschaft hat Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einmischung in das Justizwesen und den Medienpluralismus geäußert. Die wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zu Menschenrechten und Anti-Diskriminierungsgesetzen ist nach wie vor eine Herausforderung“, heißt es im EU-Bericht .

Aserbaidschan und die EU haben sich im Jahr 2018 auf ihre Partnerschafts-Prioritäten geeinigt und planen, die Zusammenarbeit in den kommenden Jahren zu verstärken. Um jedoch einen Schritt nach vorne zu machen, muss das Land seine internen Herausforderungen angehen, nämlich wachsende Korruption und Schattenwirtschaft, ineffiziente Gesundheits- und Bildungssysteme, schwache Finanz- und Justizsysteme, so der Index-Bericht. Das Land hofft, 2019 ein neues bilaterales Handelsabkommen mit der EU zu unterzeichnen.

Weißrussland verzeichnete – wie alle anderen Länder der Östlichen Partnerschaft – einen Anstieg des Handelsumsatzes, so dass die EU nach Russland zum zweitgrößten Partner wurde. Allerdings schien Weißrussland aufgrund seiner Beziehungen zu Russland nicht bereit zu sein, sich strategisch dafür einzusetzen, die EU zu ihrem vorrangigen Handelspartner zu machen. Die Repression gegen Aktivisten und die Zensur der Medien gefährden die Chancen, die Beziehungen zwischen der EU und Weißrussland weiter auszubauen.

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