Bargeld hat noch immer eine glänzende Zukunft vor sich

Am 27. Januar 2019 stellte die Europäische Zentralbank (EZB) den Druck von 500-Euro-Banknoten ein. Ist dies ein weiterer Schritt in Richtung bargeldlose Wirtschaft? Nicht wirklich. Jedenfalls nicht im Moment.

Published On: Februar 1st, 2019
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Bargeld hat noch immer eine glänzende Zukunft vor sich

Am 27. Januar 2019 stellte die Europäische Zentralbank (EZB) den Druck von 500-Euro-Banknoten ein. Ist dies ein weiterer Schritt in Richtung bargeldlose Wirtschaft? Nicht wirklich. Jedenfalls nicht im Moment.

Ende 2018 erreichte der Gesamtwert der Euro-Banknoten 1231 Milliarden, was etwa 8 Prozent des BIP des Euroraums entspricht. Darunter befinden sich etwas mehr als 520 Millionen 500-Euro-Banknoten, was fast 2,5 Prozent der Anzahl der Banknoten und 21 Prozent des Wertes der im Umlauf befindlichen Banknoten entspricht. Aufgrund der geringen Nachfrage haben die Zentralbanken der Eurozone seit 2014 keine 500-Euro-Banknoten mehr ausgegeben. Zuvor hatten sie diese vereinzelt hergestellt (2004, 2005, 2007, 2009, 2010), während Banknoten im Wert von 5 bis 100 Euro seit 2002 fast jedes Jahr produziert wurden. Infolgedessen nimmt der Banknotenumlauf im Euroraum weiter zu.

Während Kreditkartenzahlungen stark zunehmen, sind sie noch weit davon entfernt, das Bargeld zu verdrängen. Laut einer EZB-Umfrage über die Gewohnheiten führten die Europäer im Jahr 2016 157 Milliarden Transaktionen in Verkaufsstellen durch: 79 Prozent wurden bar bezahlt, 19 Prozent mit Karten (davon 1 Prozent kontaktlos), der Rest mit verschiedenen Mitteln (Schecks, Mobiltelefone usw.). Auch beim Zahlungswert überwiegt Bargeld: 54 Prozent gegenüber 39 Prozent für Karten.

Die Studie zeigt, dass das Verhalten gegenüber Bargeld eher eine Frage nationaler Erwägungen als des Bildungsniveaus ist. Während die Europäer durchschnittlich 65 Euro in ihrer Geldbörse haben, sind es bei den Deutschen durchschnittlich mehr als 100 Euro und bei den Franzosen 32 Euro.

Im Allgemeinen erscheinen die Franzosen innerhalb der Union untypisch, weil sie wenig Bargeld verwenden: Insgesamt werden 68 Prozent der Transaktionen in den Geschäften bar beglichen. Somit befindet sich Frankreich auf Platz 13 von 19 Ländern. Insgesamt entspricht dies nur 28 Prozent des Transaktionswertes, was Frankreich nach den Niederlanden auf den vorletzten Platz katapultiert. Wie die portugiesischen befinden sich auch die französischen Bar-Transaktionen mit durchschnittlich 7,50 Euro auf dem niedrigsten Niveau.

Weltweit nimmt Bargeld zu

Die Tatsache, dass Bargeld eine so wichtige Rolle spielt, ist keine europäische Besonderheit, obwohl Kreditkarten in anderen Teilen der Welt viel stärker vertreten sind. Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sind Kartenzahlungen zwar zahlreicher als Barzahlungen, allerdings haben beide Zahlungsmittel zugenommen. So stieg der Wert der Kartenzahlungen zwischen 2000 und 2016 von 13 Prozent auf 20 Prozent des weltweiten BIP und jener der Barzahlungen von 7 Prozent auf 9 Prozent des BIP.

Wie in Europa ist das Verhalten in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Kreditkarten machen in Deutschland und Japan nur etwa 10 Prozent der Zahlungen aus, in Südkorea oder Großbritannien dagegen mehr als 40 Prozent.

Indem die BIZ den Unterschied zwischen niedrigen und hohen Banknoten auf 75 US-Dollar festlegt, zeigt sie, dass es die Nachfrage nach hohen Banknoten ist, welche die Nachfrage nach Geldscheinen antreibt. Es scheint, dass dieser Anstieg hauptsächlich auf ein Anhäufungs-Verhalten der Bevölkerung der Industrieländer seit der Krise 2007-2008 zurückzuführen ist.

In Europa gibt ein Viertel der Befragten an, aus Vorsichtsgründen Bargeld zu Hause aufzubewahren (Frankreich verzeichnet hier wiederum einen sehr geringen Anteil: 15 Prozent). Ferner besitzen Personen außerhalb der Eurozone etwa ein Drittel der Euro-Banknoten, betont die Banque de France .

Schmutziges Geld

Sobald man von Bargeld spricht, insbesondere von hohen Banknoten, denkt man sofort an Koffer voller Geldscheine und deren Verwendung für Geldwäsche oder Steuerbetrug (siehe z.B. diese Debatte von France Culture ). Auch wenn es noch immer Bargeld-Transporte gibt, erfordert der undurchsichtige Geldtransfer ins Ausland keine physische, sondern eine rechtliche Verlagerung: Aggressive Steueroptimierungs-Strategien zielen gerade darauf ab, Eigentumsrechte an Umsätzen oder Vermögen in Länder zu übertragen, in denen der wirtschaftliche Eigentümer verborgen, und das Geld kaum kontrolliert und nur geringfügig besteuert wird.

Vielleicht wird der Übergang zum neuen Standard des automatischen Austauschs von Steuerinformationen – sobald eine Person in einem anderen Land eine Finanztransaktion vornimmt, werden die Steuerbehörden ihres Heimatlandes informiert – dazu führen, dass die elektronischen Spuren von Transaktionen verborgen werden, indem man wieder kleine Notizbücher verwendet, um die Transaktionen zu dokumentieren, und sich auf physische Geldtransfers verlässt. In diesem Fall wäre die Herabsetzung der Verfügbarkeit von Banknoten mit hohen Nennwerten ein Schritt in die richtige Richtung. Man bedenke dabei, dass eine Million Euro in 500-Euro-Scheinen nur etwas mehr als zwei Kilogramm wiegt!

Wem nützt das?

Allerdings übertrifft die Frage der Barzahlungen den schlichten Rahmen des illegalen Geldes. Der deutsche Finanzjournalist Norbert Haering weist auf zwei mögliche größere Abwege bei der Verringerung des Bargeld-Gebrauchs hin.

Einerseits dienen anonyme Barzahlungen nicht nur der Mafia: Sie bleiben im Zeitalter der GAFA der Teil unseres Lebens, der nicht für gewerbliche Zwecke erfasst und analysiert wird. Dies ist dem Online-Einzelhandels-Riesen nicht entgangen, der kürzlich sein erstes Amazon Go eröffnet hat: Ein kleiner Supermarkt, in dem man die gewünschten Produkte in seine Tasche steckt, während die Technologie für die Erkennung aller Einkäufe und die Abbuchung vom Konto sorgt, ohne dass man im Laden selbst bezahlen muss.

Ferner war der Journalist überrascht, als er eine Reihe von Ankündigungen von Regierungen südlicher Länder las, die bekräftigten, dem Bargeld ein Ende setzen zu wollen: Von Malawi über Nigeria bis hin zu den Philippinen, usw. Tatsächlich drängen die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) sowie die Behörde der Vereinigten Staaten von Amerika für internationale Entwicklung (USAID) darauf, im Rahmen der (von Riesen wie Mastercard, Visa, Citibank oder PayPal initiierten) Allianz Better Than Cash elektronische Zahlungsdienste zu entwickeln, und damit ihren Markt zu erweitern und ihre Gewinne deutlich zu steigern.

Diese Entwicklung erfordert in jedem Land die Einrichtung biometrischer Datenbanken, in denen die Bevölkerung zu Zwecken der finanziellen Eingliederung registriert wird. Diese können aber auch zur Erstellung zuverlässiger Wahllisten verwendet werden, d. h. zwei lobenswerte Ziele, die allerdings in beiden Fällen auch ein Mittel zur Bevölkerungskontrolle darstellen. China setzt bereits auf diese Art von Technik, um gute und schlechte Bürger zu bewerten… Mit dem völligen Verschwinden von Bargeld würde sich auch ein Raum der persönlichen Freiheit in Luft auflösen.

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